Amerikanisches Ur-Pferd Hippotherium-Gebiss ermöglichte Siegeszug in Europa

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Amerikanisches Ur-Pferd Hippotherium-Gebiss ermöglichte Siegeszug in Europa

Veröffentlicht am Pressemitteilung vom 12.09.2013 09.03 - Universität Hamburg

Amerikanisches Ur-Pferd Hippotherium: Gebiss ermöglichte Siegeszug in Europa


Ein Forscherteam um Prof. Dr. Thomas Kaiser von der Universität Hamburg und Dr. Thomas Tütken von der Universität Bonn hat bei kombinierten Analysen von Zahnverschleiß und stabilen Isotopen im Zahnschmelz festgestellt, dass die Überlegenheit der eingewanderten Gattung vor allem im Gebiss und damit in größerer Flexibilität bei der Nahrungssuche begründet war. Das berichten die Wissenschaftler in der kommenden Ausgabe der Zeitschrift PLOS ONE.

Das Einwandern neuer Arten hat oft das Aussterben alteingesessener Arten zur Folge. Die Mechanismen der Verdrängung sind jedoch vielfältig und gerade bei großen Säugetierarten kaum erforscht. Bisher war unklar, warum sich Hippotherium gegen Anchitherium durchsetzte, obgleich beide Arten in ihrer Zeit weit verbreitet waren und eine wichtige Rolle als große Pflanzenfresser spielten. Evolutionsbiologen gingen davon aus, dass Hippotherium ein reiner Grasfresser war. Nun haben die von den Forschern der Universitäten Hamburg und Bonn durchgeführten Untersuchungen aber gezeigt, dass die Tiere auch Laub und Früchte fraßen. Damit unterschieden sie sich von den Pferden der Gattung Anchitherium, die ausschließlich Laubfresser waren. Diese Flexibilität könnte Hippotherium gegenüber anderen Ur-Pferden den entscheidenden Vorteil verschafft haben.

Die These, Hippotherium sei ein Grasfresser gewesen, wurde stets damit begründet, dass die Backenzähne dieser Art „hochkronig“ sind, das heißt, sie stecken wie Pfeiler tief im Kiefer und brauchen entsprechend lange, um sich ganz abzunutzen. Ein Vorteil, da Gras Kieselsäure-Einlagerungen enthält, sogenannte Phytolite, die den Zahnschmelz regelrecht abschleifen. Zudem stammte Hippotherium ursprünglich aus Nordamerika, wo es damals bereits weite grasbewachsene Flächen gab. Die Vermutung lag also nahe, dass die Tiere sich auf diese Nahrungsquelle spezialisiert hatten.

Ganz so wählerisch scheint Hippotherium aber nicht gewesen zu sein. Das belegen die Daten, die Professor Dr. Thomas M. Kaiser von der Universität Hamburg zusammen mit seinem Kollegen Dr. Thomas Tütken von der Universität Bonn in PLOS ONE vorstellt. Die Wissenschaftler haben - in Kooperation mit Kollegen aus der Schweiz und Frankreich - mit drei verschiedenen Methoden Hippotherium-Backenzähne untersucht. Unter dem Mikroskop zeigen die rund zehn Millionen Jahre alten Stücke, die von Fundorten in Deutschland, der Schweiz und Frankreich stammen, zwar charakteristische Kratzer von Gräser-Phytoliten, aber dazwischen finden sich auch Gruben, die auf Laub als Nahrungsquelle hindeuten. Auch das durch Nahrungsabrieb entstandene Relief der Kauflächen sowie die Untersuchung der stabilen Isotope sprechen für eine gemischte Pflanzenkost und gegen eine reine Gras-Diät.


„Wir hatten es schon früher vermutet und die Analysen zeigen jetzt, dass die Tiere fraßen, was sie gerade fanden“, sagt Professor Dr. Thomas M. Kaiser. Das ursprünglich in Europa heimische Ur-Pferd Anchitherium habe niederkronige Zähne gehabt und sei hinsichtlich seiner Ernährung dadurch weit weniger flexibel gewesen, da Gras die Zähne zu schnell abgenutzt hätte. Hippotherium hingegen habe etwa in Zeiten schlechter Nahrungsversorgung kein Problem gehabt. Kaiser betont: „Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass eine kleine Verbesserung in der Zahnfunktion in der Evolution den entscheidenden Vorteil bedeuten kann.“ Sie habe Hippotherium geholfen, mit unterschiedlichen Klima- und auch Vegetationsverhältnissen umzugehen und so von Nordamerika über Russland und Asien ganz Mittel- und Westeuropa zu erobern.


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Informationen zum Artikel

Titel der Originalarbeit:

Opportunistic feeding strategy for the earliest Old World hypsodont equids: evidence from stable isotope and dental wear proxies; Thomas Tütken, Thomas M. Kaiser, Torsten Vennemann, Gildas Merceron; PLOS ONE (http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0074463)


Für Rückfragen:

Prof. Dr. Thomas M. Kaiser
Biozentrum Grindel und Zoologisches Museum Hamburg
Tel.: 040 42838-7653
E-Mail: thomas.kaiser@uni-hamburg.de



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